Plasmanitrieranlagen - Aspekte zur modernen Anlage

Das Plasmanitrieren ist ein thermochemisches Diffusionsverfahren von steigender wirtschaftlicher Bedeutung für die moderne Fertigung. Insbesondere aufgrund der Verzugsarmut verbunden mit den Vorteilen der modernen Vakuumtechnik kann das Verfahren in der Industrie hohe Zuwachsraten aufweisen.

Durch den Einsatz dieses Nitrierverfahrens kann in der Regel auf eine Hartbearbeitung der Bauteile gänzlich verzichtet werden. Der folgende Beitrag erläutert die anlagentechnischen Voraussetzung für eine moderne Verfahrenstechnik nach heutigem Entwicklungsstand. 

 


Kaltwandanlagen


Sie sind prinzipiell günstiger als Warmwandanlagen, da Kosten für Heizung, Lüfter, Isolation und gepulste Spannung wegfallen. Die Anlage besteht nur aus einem Vakuumkessel (500-600 V), dessen Mantel mittels Wasser auf unter 100 °C gekühlt wird. Die gesamte benötigte Energie muss über das Plasma eingebracht werden, wodurch folglich eine höhere Plasmaleistung nötig ist.


Der größte Nachteil von Kaltwandanlagen ist die Temperaturverteilung. Bauteile, die nahe an der Wand positioniert sind geben ihre eigene Energie an die kalte Wand ab, und Bauteile aus der Mitte haben tendentiell eine viel höhere Temperatur. Unterschiede von +/-35 °C sind dabei keine Seltenheit. Eine Möglichkeit, dieses Manko zu umgehen ist die Chargierung, wobei man die Bauteile außen dichter, und in der Mitte weniger dicht aneinander stellt. Diese Möglichkeit ist bei Mischchargen allerdings nicht möglich. Außerdem ist es so nicht mehr möglich, die gesamte Anlage vom Platz auszunützen.

Oft sind die Nitrierergebnisse (Härte und Härtetiefe) auch nicht einheitlich und können die jeweiligen Anforderungen nicht erfüllen.



Warmwandanlagen


Bei ihnen herrschen Temperaturunterschiede von gerade einmal +/-5 °C. Sollte dieser Unterschied allerdings noch immer zu hoch sein, so gibt es die Möglichkeit eine Innenanode einzubauen. Diese kühlt von innen und stellt somit wieder eine gleichmäßige Temperatur her. Aufgrund der Tatsache, dass Warmwandanlagen zwei Energiequellen (Wandheizung als auch Plasmaenergie) besitzen ermöglichen sie es außerdem, die Plasmaparameter genau so zu regulieren, wie sie zum Nitrieren benötigt werden.


Beispiel: Die Bauteile müssen auf 540 °C gebracht werden. Will man nun verbindungsschichtfrei nitrieren, so darf man nur eine sehr geringe Plasmaleistung einbringen. Um dann die gleiche Gesamttemperatur zu erreichen wird die restliche Energie einfach von der Wandheizung eingebracht. Verbindungsschichtfreies Nitrieren ist somit bei der Kaltwandanlage fast unmöglich.


Durch die flexible Temperaturregelung liefern Warmwandanlagen somit einheitliche Ergebnisse - auch bei Mischchargen.



Haube und Rezipient


Der Rezipient besteht aus einer vakuumdichten Heißwand-Retorte mit darüber liegendem Heizmantel. Die an der Haube anliegende, aus mehreren Kreisen aufgebaute Heizung schafft eine optimale Einstellung der Wandtemperatur. Die Heizung besteht aus Rohrheizkörpern, die an der Retorte anliegen, was einen erhöhten Wärmeübergang durch direkten Kontakt bewirkt und so die Heizzeiten verkürzt. Darüber hinaus sind derartige Heizsysteme wesentlich wartungsfreundlicher, als z.B. in Keramikschalen eingegossene, freiliegende Heizwendeln. 

Die äußere Verkleidung besteht aus einem Stahlmantel mit darunter liegender Isolierung. Der Außenmantel enthält außerdem den Kühlluftverteilerring mit angeflanschtem Gebläse sowie Aus- und Einblaskanäle mit dem Abluftkanal und den elektropneumatisch betätigten Abluftklappen.

Die Retorte ist in mehrere, zumindest 3 unabhängige Heiz- und Kühlzonen unterteilt, die bei ungleichmäßiger Chargierung für den nötigen Temperaturausgleich in der Charge sorgen. Die entsprechende Regelung erfolgt vollautomatisch und hat sich in mehreren Serienprozessen in der Automobilindustrie als auch im Lohnbetrieb bewährt. 

Jeder Rezipient einer MICROPULS® Plasma Anlage hat oben in der Haube ein Schauglas um die Vorgänge im Plasma beobachten zu können. Um sich Wege und teilweise erforderliche Kletterei zu ersparen, wird die Anlage auch mit einer speziell auf das Plasmalicht abgestimmten Videokamera ausgestattet und die Charge auf einem Bildschirm mit der Prozessvisualisierung beobachtet.



Videoüberwachung


Jeder Rezipient einer MICROPULS® Plasma Anlage hat oben in der Haube ein Schauloch um die Vorgänge im Plasma beobachten zu können. Um sich Wege und teilweise erforderliche Kletterei zu ersparen, wird die Anlage auch mit einer speziell auf das Plasmalicht abgestimmten Videokamera ausgestattet und die Charge auf einem Bildschirm mit der Prozessvisualisierung beobachtet.



Trennverstärker


Die Prozesstemperatur wird bei den MICROPULS®-Plasmaverfahren mittels Thermoelementen direkt am Werkstück gemessen. Da die gesamte Charge auf einem hochfrequenten Potential liegt, muss bei traditionellen Messmethoden jedes Thermoelement isoliert werden, damit die Messung von keiner Störspannung beeinflusst wird. Eine reine Signaltrennung mit z.B. Optokopplern filtert keine Störungen, was zu einem deutlichen Messfehler führt.

Mit der Entwicklung eines speziell angefertigten Trennverstärkers ist es möglich, den Mantel eines Thermoelementes mit Spannungspulsen zu beaufschlagen, ohne das Thermosignal zu stören. 

Jeder Rezipient ist mit zumindest vier Typ K-Thermoelementen ausgerüstet. Die Thermoelemente werden mittels eines Steckers an den am Rezipienten angeflanschten Messkopf gesteckt. Jeder Messkopf kann zwei Thermoelemente aufnehmen und ist seinerseits mit einer Auswertelektronik verbunden, die das mV-Signal linearisiert und an den Prozessrechner weiterleitet.

Speziell bei Diffusionsprozessen ist die exakte Einstellung und vollautomatische Regelung der Chargentemperatur ein unumgängliches Muss, um gleichmäßige Qualitäten der Nitrierschichten zu erzeugen. Einzelne Thermoelemente den entsprechenden unabhängigen Heiz- und Kühlzonen der Wand zuzuordnen ist für den automatischen Temperaturausgleich innerhalb der Charge notwendig.



Vakuumpumpstand


Der Pumpstand besteht aus einer Rootspumpe und einer vorgeschalteten Drehschieberpumpe. Der Endtotaldruck von 0,1 hPa wird in jedem Fall in weniger als 15 min erreicht.

Der Rezipient ist über ein pneumatisches Regelventil mit dem Pumpstand verbunden, welches zur Regelung des Druckes während des Prozesses dient.

Die technischen Daten des Pumpstandes, sowie max. tolerierte Leckraten sind im Datenblatt zusammengefasst.



Gasversorgung


Mit Hilfe von regelbaren Gasdurchflussreglern (Mass-Flow-Controller) wird das für den jeweiligen Prozess erforderliche Prozessgasgemisch erzeugt und in den Rezipienten eingeleitet. Die erforderlichen Gasmengen sind bei den MICROPULS®-Plasma-Verfahren sehr gering. Die vier Durchflussregler (Stickstoff, Wasserstoff, Argon, Methan) sind mit den dazugehörigen Magnetventilen in einem eigenen Gasschrank untergebracht, worin sich zusätzlich die Gasleitungen zum Fluten des Rezipienten und die Druckluftaufteilung befinden.



MICROPULS®-Plasmagenerator


Zur Erzeugung des Plasmas wird eine elektronisch genau regelbare, leistungsstarke Stromversorgung eingesetzt.

Die Anlage liefert eine Rechteckspannung bis zu 700 V, wobei sowohl die Spannungsdauer, als auch die Pausenlänge unabhängig in einem weiten Bereich (s. techn. Daten) variiert werden können. Selbstverständlich ist bipolares Pulsen möglich, was für einige Anwendungen eine bedeutende Qualitätssteigerung bedeutet.

Durch den Einsatz der neuesten IGBT-Technologie sind die Ein- und Ausschaltzeit der Spannungspulse extrem kurz, Pulslängen von wenigen µs Dauer werden erreicht. Eine spezielle, patentierte Entwicklung verhindert zuverlässig die Entstehung von Lichtbögen, welche die Oberfläche der Werkstücke beschädigen würden. Durch schnelle Schaltzeiten, steile Pulsflanken, komplette Wartungsfreiheit, hoher Verfügbarkeit und raschen Kundenservice werden die MICROPULS® Plasmageneratoren auch in anderen Bereichen wie z.B. bei PVD-Anlagen häufig verwendet.

Technische Details sind im technischen Datenblatt enthalten, ein Upgrade bis zum MAP1200 bzw. HPG 1000 ist jederzeit möglich.

Die Generatoren der neuen Generation (2006), sind zusätzlich mit einer Profi-Bus Schnittstelle ausgestattet, die wesentlich schnelleren Datenaustausch mit der Mastersteuerung (S7) ermöglicht.

Die Geräte entsprechen den Normen für CE und CSA.



Steuer- und Leistungsschrank


Notwendige elektrische Komponenten wie Hauptschalter, Sicherungen, Motorschutzschalter, Relais, Thyristorsteller für Heizungen Heizschütz, Transformatoren, Temperaturüberwachungen,... sind im Leistungsschrank integriert und entsprechend nach Industriestandard gefertigt. Die gesamte Elektrik und Steuerung basiert auf Siemens Standard Produkten.

Im Steuerschrank sind Klemmleisten, Steuerung und Industrie PC untergebracht, außen sind Bedienpult und Flachbildschirm (störungs- bzw. flimmerfreie Grafik), sowie die Bedieneinheit für die Hub-Portaleinrichtung montiert.



Hydraulische Hub - Portalvorrichtung


Um die Rezipientenhaube automatisch abheben zu können und im gehobenen Zustand wegzufahren, wird eine hydraulische Hebeeinrichtung an die Haube angebaut.

Die Hub - Portaleinrichtung ist mit Endschaltern versehen, sodass auch alle sicherheitstechnischen Anforderungen für das Transportieren von Lasten erfüllt sind. Durch die Hub-Portaleinrichtung ist auch ein Chargieren mittels Kran möglich.



DUO-Einrichtung


Mit der Installation eines zweiten Rezipientenboden kann bei den MICROPULS® - Plasma Anlagen einerseits aufwendige Chargierarbeit eingespart und andererseits eine mannlose Charge (Geisterschicht) gefahren werden. 

Während die Anlage im normalen Nitrierbetrieb arbeitet, kann der zweite Rezipientenboden beladen werden. Sobald die Charge abgekühlt ist, wird die Haube automatisch über die zweite Charge gesetzt und der nächste Prozess gestartet.



Oxidationseinrichtung


Die Oxidationseinrichtung besteht aus der kompletten Instrumentierung einschließlich Druckkontrolle sowie Einbindung in das Prozessleitsystem, um eine genau kontrollierte Oxidation der nitrierten Oberfläche ausführen zu können. Die Oxidation findet in der Gasphase statt, Reinigungsprozesse vor dem erneuten Nitrieren (darauffolgenden Prozess) sind NICHT notwendig.