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Oberflächenhärten
Unter dem Verfahren Oberflächenhärtung wird ein Härten der Oberfläche ohne das Einbringen anderer Elemente, wie Kohlenstoff oder Stickstoff, verstanden. Dies wird durch ein beschränktes Erhitzen von Werkstücken erreicht, bei dem nur die Oberfläche auf Härtetemperatur gebracht wird und der Kern beim Abschrecken nicht beeinflusst wird. Bei diesem Wärmebehandlungsverfahren wird die Werkstückoberfläche entweder durch Gasflammen (Flammhärten) oder durch Strominduktion (Induktionshärten) auf Austenitisierungstemperatur erwärmt. Die Abkühlung / Abschreckung erfolgt durch eine nachgeschaltete Ringbrause. Anschließend werden die Bauteile entspannt. Die dabei erzielbare Oberflächenhärte ist abhängig vom Kohlenstoffgehalt und die Einhärtetiefe ist abhängig vom Grad der Legierung des Werkstoffs. Ziel der Behandlung ist eine harte und verschleißfeste Oberfläche bei gleichzeitig zähem Kern.
Ölabschrecken
Beim Härten wird nach dem Austenitisieren das Material abgeschreckt. Als Abschreckmedium kommen je nach Werkstoff entweder Wasser, Öl oder Luft in Betracht. Im Allgemeinen werden Stähle mit wenig Kohlenstoff und niedrigem Legierungsanteil schroffer abgekühlt / abgeschreckt als Stähle mit mehr Kohlenstoff und höherem Anteil an Legierungselementen. Hierbei wird in der Regel ein martensitisches Gefüge, bei manchen Werkstoffen auch Zwischenstufe oder ein Gemisch aus Martensit und Zwischenstufe, erzeugt. Diese Gefüge haben eine höchstmögliche Härte.
Bei der Abkühlung in einem flüssigen Abschreckmittel werden normalerweise drei Phasen durchlaufen. Zuerst bildet sich eine Dampfhaut um die abzuschreckende Probe (Dampfhautphase). Durch diesen Effekt des Filmsiedens (Leidenfrost-Phänomen) wird das Werkstück gegen das Abschreckmedium isoliert. Es findet nur eine geringe Wärmeübertragung statt und die Abschreckwirkung ist gering. Nachdem die Temperatur an der Probenoberfläche weit genug abgesunken ist bricht die Dampfhaut zusammen und es beginnt Phase 2 (Kochphase) der Abschreckung. Hierbei beginnt das Abschreckmittel zu kochen wobei sich ständig Dampfblasen von der Werkstückoberfläche lösen (Blasensieden). Das Abschreckbad wird dadurch einer starken Bewegung unterworfen und die Abschreckwirkung ist hoch. Das Maximum der Abkühlung / Abkühlwirkung ist in diesem Stadium erreicht. Nach weiterer Absenkung der Oberflächentemperatur kommt die Blasenbildung zum Stillstand. In der nun folgenden Phase 3 (Konvektionsphase) findet die Wärmeableitung nur noch durch Konvektion statt. Die Abschreckwirkung ist geringer als in "Phase 2" aber höher als in "Phase 1". Die Phase 1 kann durch Bewegen der Probe teilweise vermieden werden. Durch den Zusatz von Kochsalz (z.B. 10 %) oder auch zyanhaltigen Salzen zum Wasser wird die Dampfphase vollständig unterdrückt. Die Abkühlgeschwindigkeit wird dadurch stark erhöht. Die Temperatur des mit Salz versetzten Wassers kann höher sein als Wasser ohne Zusätze und hat immer noch gute und gleichmäßige Abschreckwirkung.
Perlit
Perlit ist ein lamellar angeordneter, eutektoider Gefügebestandteil des Stahles, d.h. ein Phasengemisch aus Ferrit und Zementit, das durch gekoppelte Kristallisation in Eisen-Kohlenstoff-Legierungen bei Kohlenstoffgehalten zwischen 0,02 % und 6,67 % auftritt. Der eutektoide Punkt (100%-ige Umwandlung zu Perlit) liegt bei 723 °C und 0,83 % C. Bis 2,06 % C liegt der Perlit als separater Gefügebestandteil vor, oberhalb von 2,06 % C ist er Bestandteil des Ledeburits II (eutektisches Gefüge). Häufig spricht man von einer „Perlitstufe“, die gemessen am Lamellenabstand in Perlit, feinstreifigen (veraltet: Sorbit) und sehr feinststreifigen (veraltet: Troostit) Perlit unterteilt wird. Da die Lamellenpakete im Perlit zufällig angeordnet sind und so im Schliff in unterschiedlichsten Richtungen angeschnitten werden, entsprechen die im Schliffbild sichtbaren Lamellenabstände nicht den tatsächlichen (meist geringeren) Abständen.
Plasmanitrieren
Das Plasmanitrieren zählt zu den thermochemischen Wärmebehandlungsverfahren und wird bei Temperaturen zwischen 350 und 600°C durchgeführt. Positiv geladene Ionen treffen vor der Ofenwand (Anode) mit hoher Aufprallgeschwindigkeit auf die als Kathode geschalteten Werkstücke. Anfangs bewirkt dieser Ionenbeschuss eine äußerst intensive Reinigung der Werkstückoberfläche (Sputtern), dem anschließend das Aufheizen und die Aufstickung der Oberfläche folgen. Überwiegend werden die Bauteile dann ohne Schnellabkühlung auf Entnahmetemperatur gebracht. Heute wird sowohl im Gleichstrom als auch im gepulsten Plasma nitriert. Bauteile, vornehmlich höher beanspruchte Maschinenbauteile wie Wellen, Achsen, Stangen oder Zahnräder, unterliegen gerade im Bereich ihrer Oberfläche (Randschicht) besonders kritischen Belastungen. Oft reicht es aus, wenn diese Bauteile nur im Randbereich über mechanisch verbesserte Eigenschaften verfügen. Die Einlagerung von Stickstoff in diesen Randschichten bezeichnet man allgemein als Nitrieren. Das Plasmanitrieren findet in einer Vakuumkammer unter ionisierter Gasatmosphäre statt.
Als Behandlungsgase stehen Ammoniak, Stickstoff, Methan und Wasserstoff zur Verfügung. Zur Bildung verschleißorientierter Schichten werden auch Mischgase eingesetzt. Qualitätsbestimmend sind die Gaszusammensetzung, der Druck, die Temperatur und die Behandlungszeit. Für Verfahren, bei denen Schichten aufgetragen oder gebildet werden, ist die Qualität des Grundwerkstoffes oft ebenso entscheidend wie die Wärmebehandlung. Im Plasma können alle gebräuchlichen Stahl-, Guss- und Sinterwerkstoffe nitriert werden. Bei der Schichtzusammensetzung unterscheidet man zwischen der Diffusionszone, die je nach Werkstoff bis zu 1mm stark sein kann und der bis zum 30 µm dicken Verbindungsschicht (VS).
Zu den Hauptvorteilen des Verfahrens zählen die Verbesserung der Reib- und Gleiteigenschaften, die Schaffung korrosionsbeständiger Schichten und die große Verzugsarmut. In der Regel werden nur fertigbearbeitete Bauteile plasmanitriert, die nach dieser thermochemischen Wärmebehandlung keiner mechanischen Fertigungsoperation wie z.B. Schleifen mehr unterzogen werden müssen. Aufgrund der gestiegenen Prozesssicherheit konnte sich das Plasmanitrieren für die metallverarbeitende Industrie zu einem wirtschaftlich und technisch wichtigen Oberflächen-Härteverfahren entwickeln.
Presshärten
Presshärten ist die kontrollierte Härtung von Bauteilen mit engen Toleranzen in Pressformen, z.B. Getriebe. Auf diese Weise werden eine gute Maßgenauigkeit und eine gleichmäßige Härteverteilung erzielt. Beim Presshärten werden runde und/oder flache Bauteile erwärmt und in Pressformen abgeschreckt. Die Pressform ist mit Schlitzen versehen, damit das Öl abfließt und das Bauteil abkühlt. Das Bauteil wird dabei zwischen den Rippen einer Klemmbacke eingespannt und gehalten. Um Maßabweichungen oder Unregelmäßigkeiten im Hinblick auf die Form, Abschrägung und Planheit zu minimieren oder gänzlich zu beseitigen, kommen unterschiedliche Pressformen zum Einsatz.
PVD-Verfahren
Das Schlagwort PVD (Abkürzung für physical vapour deposition) bezeichnet alle Verfahren der physikalischen Abscheidung dünner Schichten über die Dampfphase. Dabei wird das Ausgangsmaterial für die Schichten über die physikalischen Vorgänge des Verdampfens (mit Lichtbogen ("Arc") oder Elektronenstrahl) oder der Kathodenzerstäubung im Hochvakuum in die Dampfphase übergeführt und anschließend auf einem geeigneten Substrat wieder niedergeschlagen. Die dabei erzeugten Schichtdicken auf Werkzeugen und Bauteilen bewegen sich zwischen 1 µm und maximal 15 µm. Verschleißschutzschichten auf Werkzeugen und Bauteilen werden mit allen drei oben erwähnten PVD-Verfahren auf computergesteuerten Beschichtungsanlagen abgeschieden.
Es handelt sich dabei um nitridische Hartstoffschichten, d.h. Verbindungen aus den Übergangsmetallen Titan und Chrom mit Stickstoff. Erweiterte Eigenschaften liefern Schichten, die zusätzlich Aluminium und Kohlenstoff enthalten. Die bei den Lohnschichtern auf dem Markt erhältlichen Schichten basieren auf den Grundtypen der nitridischen Hartstoffschichten Titannitrid TiN, Titankarbonitrid TiCN, Titanaluminiumnitrid TiAlN und Chromnitrid CrN, die mit einigen ihrer Eigenschaften in der folgenden Tabelle zusammengestellt sind.
Rekristallisationsglühen
Eine Rekristallisationsglühung wird vorgenommen wenn das Material kaltverformt wurde. Die dabei aufgetretenen Eigenschaftsänderungen, wie zum Beispiel Verfestigung und Kornstreckung, können mit dieser Wärmebehandlung beseitigt werden. Die Rekristallisationstemperatur liegt unterhalb Ac1, üblicherweise bei Temperaturen zwischen 500 und 700° C. Mit zunehmender Kaltumformung steigt die Festigkeit an, bei gleichzeitiger Abnahme von Dehnung und Zähigkeit. Ist das Material an seiner Umformgrenze angelangt, muss durch eine Rekristallisation eine Kornneubildung vorgenommen werden. Bei der Rekristallisationsglühung findet keine Neubildung der Gefügezusammensetzung statt sondern es werden nur die Körner neu gebildet. Die Neigung zur Kornneubildung ist um so größer je größer der Umformgrad ist. Bei hohen Umformgraden ist auch eine niedrigere Glühtemperatur ausreichend. Bei steigenden Umformgraden und sinkender Rekristallisationstemperatur nimmt die Korngröße der neugebildeten Körner ab, zum Teil sogar unter die der Ursprungskorngröße. Bei Profilen mit örtlich unterschiedlichen Verformungen können manchmal Probleme bei der Kornneubildung entstehen, da durch die unterschiedliche Verfestigung keine einheitliche Korngröße entsteht. Die Rekristallisation von austenitischen Werkstoffen wird bei der entsprechenden Lösungsglühtemperatur durchgeführt. Hochlegierte ferritische Chromstähle können durch ein Weichglühen bei der werkstoffspezifischen Temperatur rekristallisiert werden.
Restaustenit
Restaustenit ist eine bei der konventionellen Stahlvergütung meist unerwünschte Phase im Stahl oder Gusseisen. Sie ist relativ instabil und wandelt sich durch Temperaturerhöhung in Ferrit und Zementit und bei Temperatursenkung sowie durch mechanische Beanspruchung („Sitram“ = Stress induced transformation Austenit – Martensit) in Martensit um. Bei der Umwandlung erfolgt eine Umklappung, vom kubisch flächenzentrierten Raumgitter (Austenit) in ein tetragonal raumzentriertes Raumgitter (Martensit). Im kubisch flächenzentrierten Gitter ist die Packungsdichte größer als im tetragonal raumzentrierten Gitter, durch die Umwandlung kommt es deshalb zu einer Volumenzunahme, was zu Spannungen in einem Werkstück führen kann. So kann Restaustenitumwandlung in Martensit (Volumenzunahme) zu Mikrorissen innerhalb der schon vorhandenen Martensitplatten („Sperrgefüge“) führen und somit die Schwingfestigkeit senken.
Qualitativ kann die Restaustenitumwandlung (Gitterumklappen) in Martensit mittels Härtemessung vor und nach dem Tieftemperaturabkühlen näherungsweise erfasst werden. Mittels Gefügeuntersuchung oder röntgenographischer Restaustenitbestimmung lässt sich der Zustand auch quantifizieren.
Salzschmelzen
Ein Anwendungsschwerpunkt von Salzschmelzen ist die Wärme- oder thermochemische Behandlung von Metallen. Aufgrund ihrer Temperaturgleichmäßigkeit sind sie häufig das Medium der Wahl bei Glüh- und Härteprozessen. Die Temperatur dieser Schmelzen kann in einem weiten Bereich gewählt werden. Dabei kann das Metall im Salzbad erhitzt oder abgekühlt werden. Hauptsächlich werden Schmelzsalze wie Cyansalz verwendet.
Spannungsarmglühen
Spannungsarmglühen kommt bei Metallkomponenten zum Einsatz, um innere Spannungen im Gefüge und somit auch das Risiko unerwünschter Veränderungen des Mikrogefüges während nachgelagerter Bearbeitungsschritte oder späterer Verwendung des Bauteils zu reduzieren.
Als Folge von Zerspan- und Schneidvorgängen oder auch bei plastischer Deformation entstehen Spannungen im Werkstoff. Diese Spannungen können zu unterwünschten Maßänderungen führen, wenn z. B. ein Wärmebehandlungsschritt unkontrolliert ausgeführt wird. Um Spannungen nach der Bearbeitung und das Risiko unerwünschter Maßänderung zu reduzieren, kommt Spannungsarmglühen zur Anwendung. Spannungsarmglühen findet in der Regel nach der Grobbearbeitung und vor der Feinbearbeitung, wie z. B. Polieren oder Schleifen, statt. Komponenten mit engen Maßtoleranzen, die z. B. im Rahmen der Weiterverarbeitung nitrocarburiert werden, müssen spannungsarm sein. Schweißkonstruktionen können durch Spannungsarmglühen spannungsfrei gemacht werden.
Spannungsarmglühen hat keinen Einfluss auf das Werkstoffgefüge und nur einen geringen Einfluss auf die Härte. Um Spannungen in gehärteten und angelassenen Bauteilen abzubauen, werden diese auf eine Temperatur um 50°C erwärmt. Die Erwärmungstemperatur sollte unterhalb der Anlasstemperatur liegen, um den Härtegrad des Bauteils zu erhalten. Spannungsarmglühen vor dem Nitrocarburieren sollte bei Temperaturen >600°C durchgeführt werden. Spannungsarmglühen kann auch bei Kupfer- oder Messingkomponenten zur Anwendung kommen. Bei rostfreien Stählen kommt überwiegend Lösungsglühen bei hohen Temperaturen zum Einsatz.
Spannungsarmglühen von Stahlkomponenten wird normalerweise bei Temperaturen zwischen 550 und 650°C durchgeführt. Die Haltezeit beträgt 1-2 Stunden. Danach werden behandelte Komponenten langsam in einem Ofen oder an der Luft abgekühlt. Bei großen Komponenten sind langsame Abkühlgeschwindigkeiten besonders wichtig, um Spannungen, die auf Temperaturunterschiede im Werkstoff zurückzuführen sind, zu vermeiden. Spannungsarmglühen kann auch in einem Schutzgasofen durchgeführt werden, um die Bauteiloberfläche vor Oxidation zu schützen. Bei extremen Bedingungen können auch Vakuumöfen eingesetzt werden. Spannungsarmglühen von Kupferkomponenten findet je nach Legierungszusammensetzung bei Temperaturen zwischen 150-275°C und bei Messingkomponenten bei 250-500°C statt.
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